Praxistipp

So gelingt die sprachliche Verständigung

26.09.2022

Sie mag im ersten Moment auf manche abschreckend wirken: die Herausforderung, das eingerostete Schulfranzösisch auszupacken oder gar ohne Französischkenntnisse ein grenzüberschreitendes Projekt zu organisieren. Und das ist ganz normal – aber noch lange kein Grund, es von vornerein sein zu lassen!

Mit diesen Tipps gehören Sprachhürden der Vergangenheit an:


Sprachanimation: Berühungsängste abbauen und die Stimmung auflockern

In den 90er Jahren vom Deutsch-Französischen Jugendwerk entwickelt, hat sich die Methode der Sprachanimation mittlerweile als fester Bestandteil von internationalen Jugendbegegnungen etabliert. Aber sie eignet sich genauso gut für Projekte mit gemischtem oder älterem Publikum!

Aber was genau steckt dahinter? Die spielerischen Übungen der Sprachanimation

  • schaffen einen Zugang zur Partnersprache,
  • bauen Hemmungen ab
  • und fördern die Dynamik und den Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe.

Und wie kann das konkret aussehen?

  • Beim „Autogrammjagd-Bingo“ etwa müssen die Teilnehmenden Unterschriften von Personen in ihrer Gruppe sammeln, die Beschreibungen auf einem vorbereiteten Bingo-Blatt erfüllen: „Fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit“ oder „Est fan d’un club de foot“. Wer als erstes ein komplett unterschriebenes Blatt vorweisen kann, ruft „Bingo!“ und hat gewonnen.
     
  • Bei „Stille Post“ sitzen alle Teilnehmenden im Kreis, abwechselnd deutsche und französische Teilnehmende. Eine Person schickt einen Satz auf Deutsch oder Französisch los: Sie flüstert ihn der*dem Nachbar*in ins Ohr, die*der ihn wiederum weiterflüstert. Die letzte Person im Kreis spricht den Satz laut aus: Und, was ist aus dem ursprünglichen Satz geworden?
     
  • Beim „Raumwörterbuch“ schwärmen binationale Tandems im Raum aus und verteilen Post-its auf Gegenständen: „Tisch/table“, „Fenster/fenêtre“, „Gemälde/œuvre“, … Am Ende präsentieren die Tandems dem Rest der Gruppe jeweils 2 Gegenstände in beiden Sprachen.

Am besten wird die Aktion von ausgebildeten Sprachanimateur*innen angeleitet. (In der DFJW-Teamer-Datenbank finden Sie eine Übersicht und können Kontakt aufnehmen.)

Neugierig geworden? In der Broschüre des DFJW finden Sie zahlreiche weitere Informationen zu Theorie und Praxis.

Sprachmittler: Holen Sie sich (professionelle) Hilfe!

Klären Sie zunächst in der Gruppe, welche Sprachkenntnisse vorhanden sind: Vielleicht können Sie nach dem Modus verfahren: Alle sprechen die von ihnen bevorzugte Sprache – und auch wenn nicht alle fließend Deutsch und Französisch sprechen, so verstehen doch alle, was gesagt wird.

Manchmal ist man aber eben doch mit seinem Latein … oder Französisch am Ende. Dann lohnt es sich, Unterstützung ins Boot zu holen!

Diese 2 Möglichkeiten bieten sich an:

Konsekutiv-Verdolmetschung:

  • Zuerst werden Informationen in der einen, dann in der anderen Sprache vermittelt. Die sprechende Person macht alle paar Sätze eine Pause, um der dolmetschenden Person Gelegenheit zum Übersetzen zu geben. Dabei wird das Gesagte so genau wie möglich wiedergegeben – inkl. Witzen oder Informationen „zwischen den Zeilen“.
  • Es wird keine technische Anlage gebraucht und konsekutiv dolmetschen können auch Personen, die keine Profis sind, aber die Partnersprache (sehr) gut beherrschen. Diese Methode ist also nicht nur sehr kostengünstig; sie bietet außerdem den Vorteil, dass beide Sprachen präsent sind – auch wenn Gespräche tendenziell doppelt so lange dauern. Eine gute Möglichkeit für Projektträger*innen, die Zeit und freiwillige Dolmetscher*innen haben und den interkulturellen Aspekt eines Projekts hervorheben möchten.
  • Sie planen eine öffentliche Veranstaltung mit politischer Prominenz oder einen Vortrag mit Expert*innen zu erneuerbaren Energien, philosophischen Analysen oder einem Exkurs in die französische Geschichte? In diesem Fall empfiehlt es sich, auch für das Konsekutiv-Dolmetschen Profis zu engagieren: Der Stress, die fortdauernde hohe Konzentration und die fachlichen Anforderungen, mit denen Laien konfrontiert wären, sollten nicht unterschätzt werden.

Simultan- oder Synchron-Verdolmetschung:

  • Dolmetscher*innen übersetzen das Gesagte zeitgleich. Übertragen wird die Übersetzung über Kopfhörer. Die Dolmetscher*innen arbeiten dabei normalerweise aus einer Dolmetschkabine, die sie gegen die Umgebungsgeräusche abschirmt.
  • Für kürzere Einsätze werden auch mobile Anlagen (sog. Personenführungsanlagen, PFAs) genutzt; dabei sitzen die Dolmetscher*innen nur mit Mikrofon am Rande des Raumes mit Blick auf den Redner – allerdings beeinträchtigen Umgebungsgeräusche dabei das Hören der Dolmetscher*innen.
  • Eine andere Sonderform ist das Flüsterdolmetschen – direkt ins Ohr der zuhörenden Person – wenn nur ein oder zwei Personen die Verdolmetschung benötigen.
  • Weil Simultandolmetschen sehr anstrengend ist, wechseln sich normalerweise 2 Dolmetscher*innen alle 20-30 Minuten ab.
  • Simultanverdolmetschung kann nur von Profis durchgeführt werden, die für ihre Dienste meist einen Tagessatz von etwa 800 Euro verlangen, der auch die fachliche Vorbereitung abdeckt. Zu diesen Kosten hinzu kommen die für den Dienstleister, der Dolmetschkabinen, Kopfhörer und technische Betreuung oder PFAs bereitstellt. Der Bürgerfonds kann diese Kosten übernehmen.
  • Simultanverdolmetschung bietet sich vor allem bei zweisprachigen Veranstaltungen mit größerem Publikum, bei Fachkonferenzen, ggf. bei Festveranstaltungen oder bei Online-Konferenzen an.

Digitale Helferlein

  • Für Videokonferenzen, die simultan verdolmetscht (s. o.) werden sollen, eignet sich nach unserer Erfahrung am besten der Anbieter „Zoom“:
    • Das Business-Abo, das man für einen Monat oder länger abschließen kann, beinhaltet eine Funktion für Übersetzungs-Kanäle.
    • Legen Sie einfach die Zoom-Sitzung mit einem Kanal für die deutsche und einem Kanal für die französische Übersetzung an. Die Dolmetscher*innen können sich dann über einen Link einwählen: Entweder sie sitzen in ihrem eigenen Büro oder in einem Dolmetsch-Hub, der technische Unterstützung bietet und gemietet werden kann.
    • Sobald die Dolmetscher*innen in der Sitzung sind, „schieben“ Sie sie in die jeweiligen Kanäle – und schon können die Zuhörer*innen über ein Symbol wählen, ob sie den Original-Ton oder eine der beiden Übersetzungsmöglichkeiten hören möchten.
  • Bei schriftlicher Kommunikation kann die kostenlose Online-Version von Deepl von großer Hilfe sein: Ins linke Feld schreiben Sie Ihren Text, im rechten Feld wird er in der gewünschten Sprache ausgegeben. Auch das PONS-Wörterbuch bietet in seiner Online-Version eine Textübersetzungsfunktion an.
     
  • Wer die gesamte Projektplanung zentralisieren und am besten auch noch zweisprachig umsetzen will, kann auf die neu entwickelte Kollaborations-Plattform des Deutsch-Französischen Zukunftswerks setzen: Whiteboard und Chat werden ergänzt durch eine automatisierte Übersetzungsfunktion. Noch befindet sich die Plattform im Beta-Modus, aber interessierte können jetzt schon per Mail einen Zugang anfordern.
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9 Irrtümer über deutsch-französische Projekte

Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an deutsch-französische Projekte denken? Kauderwelsch, das Saarland, ein engagiertes Städtepartnerschaftskomitee? Ganz falsch liegen Sie damit natürlich nicht – aber mit folgenden Irrtümern gilt es trotzdem aufzuräumen:

Ähm, wie sagt man nochmal ... ? Tipps für den Ernstfall

  • Klar kann man sich mit Englisch in Alltagssituationen mehr oder weniger gut behelfen.
  • Aber um so richtig in eine andere Kultur einzutauchen, führt kein Weg an der Sprache des Partnerlandes vorbei. „In jeder Sprache sitzen andere Augen“, lautet ein Zitat der deutschen Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin für Literatur, Herta Müller. Recht hat sie!
  • Außerdem erleben Teilnehmende den Austausch viel intensiver, wenn sich alle darum bemühen, sich verständlich zu machen und die anderen zu verstehen.
  • Neben Händen und Füßen können auch digitale Helfer (s. Punkt 3) zum Einsatz kommen: Lassen Sie Deepl oder PONS Ihre Sätze automatisch übersetzen oder nutzen Sie die Übersetzungsfunktion von Google.
  • Je nach Thema des Projekts kann es auch hilfreich sein, eine Vokabelliste vorzubereiten, auf die Sie im Ernstfall zurückgreifen können: Wer ein Gärtner-Projekt plant, kann z. B. bereits vorher lernen, was „Schaufel“ (la pelle), „Saat“ (la semence) oder „zurückschneiden“ (tailler) bedeutet. Mit dem richtigen Fachvokabular sind Sie bestens gerüstet!

Wie Französisch lernen? À votre façon !

Ein französisches Sprichwort sagt: « On n’est jamais mieux servi que par soi-même. » (Ein deutsches Äquivalent gibt es nicht, aber die wörtliche Übersetzung lautet: „Man ist immer besser dran, wenn man es selber macht.“)

Allein schon, um französische Redensarten zu verstehen, lohnt es sich also, die Partnersprache zu lernen. Und natürlich, um so richtig in die französische Kultur einzutauchen, Missverständnisse zu vermeiden, effizienter zu kommunizieren, …

Aber wie? Das kommt ganz darauf an, welcher Typ Sie sind:

  • Sie sind Nebenbei-Lerner*in: Keine Zeit für systematisches Grammatik-Lernen? Aber Lust, die französische Sprache nicht ganz aus den Augen (und dem Ohr) zu verlieren? Schalten Sie doch einfach mal einen französischen Radiosender ein oder suchen Sie einen französischen Podcast zu einem Thema, das Sie interessiert. Oder stellen Sie einen Abreißkalender auf den Frühstückstisch, der jeden Morgen neue kleine Aufgaben oder Texte bereithält.
  • Sie sind ein Rudeltier: Wer gerne in der Gruppe lernt, ist vielleicht bei einem Kurs der Volkshochschule oder des Institut français richtig. Vom Einsteiger- bis zum Fortgeschrittenen-Niveau: Hier wird jede*r fündig!
  • Sie sind digital-affin: Holen Sie sich Ihre Lektionen aufs Smartphone und finden Sie die Sprachlern-App, die zu Ihnen passt. Das Online-Magazin t3n hat in diesem Artikel zum Beispiel 10 Anbieter verglichen.

Die Tandem-Methode: Machen Sie sprachlichen Austausch selbst zum Projekt!

Was ist ein Sprach-Tandem?

  • So wie beim Tandem-Fahrrad auch, finden beim Sprach-Tandem zwei Personen einen gemeinsamen Rhythmus, um zusammen ans Ziel zu gelangen: Sprachpraxis erlangen, das Partnerland besser kennenlernen, persönliche Kontakte knüpfen.
  • Meist besteht das Gespräch aus zwei Hälften: in der einen wird Deutsch gesprochen, in der anderen Französisch. So spricht jede*r sowohl in der Erst- als auch in der Partnersprache – und beide sind mal dran mit Zuhören und Erzählen, Nach-Worten-Suchen und Neues lernen.
  • Ein Sprach-Tandem kann sowohl online als auch „in echt“ stattfinden und ist vor allem sinnvoll, wenn sich die Tandem-Partner*innen über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig treffen.

Diese zwei Projekte zeigen, wie’s gehen kann:

Online-Sprach-Tandem:

 


Sprach-Tandem vor Ort:

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Welche Projekte fördert der Bürgerfonds? Eine exemplarische Auswahl finden Sie hier.

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