Interview
Leuchtturmbericht: Lebendige Bibliothek „Discultur“
17.09.2021
Über das Thema Debattenkultur wird gerne, nun ja, debattiert. Aber wie kann man ganz konkret Raum für bereichernden Dialog schaffen, und dabei sogar Landesgrenzen überschreiten? Die deutsch-französische Online-Plattform „Discultur“ nimmt die Herausforderung an.
Übersicht:
Projektsteckbrief
build Trägerorganisation: Europäische Jugendbildungsstätte Magdeburg
group Partnerorganisation: CRIJ Centre-Val de Loire
event Zeitraum: Sommer 2021
pin_drop Ort: Sachsen-Anhalt & Centre-Val-de-Loire / online
euro Fördersumme: ca. 114.000 €
Teil 1: Interview „Stand der Dinge“
Christina Langhans, Projektleiterin
1 - Woran arbeiten Sie gerade?
Christina Langhans: Nachdem wir die technische Umsetzbarkeit unserer Ziele getestet und ein visuelles Design konzipiert haben, arbeiten wir jetzt an der Usability und dem Interaktionsdesign. Gar nicht so leicht, wenn man einerseits viele verschiedene Menschen ansprechen will, und gleichzeitig die Plattform so simpel und zugänglich wie möglich bleiben soll. Die Zusammenarbeit mit dem französischen Partner bedarf besonderen Augenmerks. Zunächst haben wir uns auf einen neuen Namen geeinigt. Entsprechend wurden Logos, Grafiken und Kanäle auf sozialen Medien erstellt. Derzeit planen wir ein Event zum Thema Erinnerungskultur, schulen Zeitzeugen und Experten als lebendige Bücher und koordinieren die PR.
2 - Wie organisieren Sie die Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation?
Christina Langhans: Wir können auf eine langjährige Zusammenarbeit mit CRIJ Orléans blicken. Im Rahmen von „Discultur“ treffen wir uns 1-2 Mal monatlich virtuell und besprechen Entwicklungen, geplante und gemeinsame Events, Organisatorisches und Sonstiges. Trotz fehlender physischer Treffen funktioniert die Zusammenarbeit professionell und zwischenmenschlich äußerst gut. Dennoch freuen wir uns sehr auf baldige physische Treffen vor Ort, um Ideen, Meilensteine und Events noch intensiver besprechen zu können. Wir beteiligen den französischen Partner an allen wichtigen Entscheidungen, wie zum Beispiel Grafikauswahl, Eventthemen und -vorbereitung und technische Erneuerungen.
3 - Wie gewinnen Sie Teilnehmer*innen?
Christina Langhans: Aufgrund der Pandemiesituation fanden bisher Veranstaltungen und Treffen ausschließlich online statt. Um hierfür Teilnehmende zu gewinnen, wurden unsere Facebook und Instagramposts beworben. Des Weiteren haben wir gezielt Multiplikator*innen für die Zielgruppen angesprochen. Wir hoffen, dass mit den langsamen Öffnungen nach der Pandemie wieder alsbald physische Treffen stattfinden können. In enger Zusammenarbeit mit Mehrgenerationenhäusern, dem Beirat des Europe Direct Halle, Lehrer*innen sowie unserem Jugendbeirat werden wir Multiplikator*innen und potentielle Teilnehmende erreichen. Zusätzlich nutzen wir die Möglichkeiten der sozialen Medien, um Teilnehmende zu gewinnen.
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Teil 2: Interview „Hintergrund“
1 - Was zeichnet einen guten Dialog aus?
Christina Langhans: Ein guter Dialog zeichnet sich unserer Meinung nach durch Augenhöhe, Respekt und ähnliches Interesse am Thema des Dialogs und sollte im besten Fall nachhaltig sein. Zugangshürden, zum Beispiel finanzieller oder sozialer Natur, sollten minimiert sein. Mit unserer Dialogplattform „Discultur“ möchten wir den deutsch-französischen Austausch anregen und folgen Marcel Prousts Gedanken: „Die eigentlichen Entdeckungsreisen bestehen nicht im Kennenlernen neuer Landstriche, sondern darin, etwas mit anderen Augen zu sehen.“
2 - Wie schaffen wir es, auch im Alltag mehr Dialog hinzubekommen?
Christina Langhans: Für den deutsch-französischen Austausch fehlt oft der Zugang zu potentiellen Gesprächspartnern. Durch den hürdenarmen Zugang über Discultur, können Menschen in beiden Ländern zusammengebracht werden, die sich möglicherweise im analogen Leben nie getroffen hätten. So können Schulklassen miteinander kommunizieren und ein besseres Verständnis für Geschichte, Kultur und füreinander entwickeln. Ebenso können Partnerstadtvereine miteinander kommunizieren, ohne kostenintensive physische Treffen. Mit Discultur können Menschen aus Frankreich und Deutschland, unabhängig vom Alter, Herkunft oder finanziellen Möglichkeiten in den Dialog treten und sich zu ihrem Wunschthema austauschen.
3 - Wie kann man sich seiner Vorurteile bewusstwerden und aktiv dagegen vorgehen?
Christina Langhans: Das Prinzip der Lebendigen Bibliothek, welches wir mit der Plattform „Discultur“ aufnehmen und digital umsetzen, unterstützt dass Bewusstwerden und Minimieren von Vorurteilen, in dem es „normale“ Menschen bewegt zu ihrem Wunschthema in den Dialog zu treten und so Gemeinsamkeiten und „Schwachstellen“ solcher Vorurteile verdeutlicht werden. Auf der Basis des gemeinsamen Themas können weitere kulturelle Stereotypen aufgedeckt und möglicherweise widerlegt werden.
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Teil 3: Die Gesichter hinter dem Projekt
Konrad Neuffer
- Alter: 38
- Beruf: Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Digitalisierung
- Rolle im Projekt: Öffentlichkeitsarbeit (Pressearbeit, Social Media)
- Deswegen ist er beim Projekt dabei: „Ich mag das Netzwerken in den soziale Medien und die Öffentlichkeitsarbeit allgemein. In diesem Projekt kann ich diese Tätigkeiten für eine gute Sache auf europäischer Ebene einsetzen.“
- Das verbindet er mit Frankreich: „Die erste Verbindung knüpfte ich in der Kindheit bei Urlauben und Ausflügen ins Elsass. Später hatte ich immer wieder Begegnungen mit tollen Menschen aus Frankreich. Für mich ist die deutsch-französische Freundschaft ein wichtiger Kern Europas.“
Christof Himmelmann
- Alter: 33
- Beruf: Öffentlichkeitsarbeit und technischer Support
- Rolle im Projekt: Koordination der technischen Umsetzung und PR
- Deswegen ist er beim Projekt dabei: „Eine faszinierende Idee: Das prägende Bildungspotential von internationalen Begegnungen für alle zugänglich machen – ohne riesigen Organisationsaufwand, kostenlos und simpel. Da wollte ich unbedingt mitmischen!“
- Das verbindet er mit Frankreich: „Was mich vor allem mit der République verbindet, ist ein geteiltes Bekenntnis zur Europäischen Union, ihren Werten und Zielen. Grund genug, den Nachbar auch auf persönlicher Ebene endlich mal besser kennenzulernen.“
Christina Langhans
- Alter: 39
- Beruf: Projektreferentin für Mobilitätsberatung und internationale Projekte
- Rolle im Projekt: Projektkoordinatorin
- Deswegen ist sie beim Projekt dabei: „Mit der Lebendigen Bibliothek erlebte ich einzigartige Momente des kulturellen Kennenlernens. Angeregt durch die Pandemie, aber auch durch die oft noch bestehenden Hürden für einen deutsch-französischen Dialog entwickelten wir die Idee für Discultur, die mich von Anfang an begeisterte.“
- Das verbindet sie mit Frankreich: „Reisen als Jugendliche weckten meine Liebe für Frankreich. Beruflich konnte ich später an vielen Projekten mit FranzösInnen mitarbeiten, Studienfahrten nach Frankreich durchführen, viel über die Kultur kennen und schätzen lernen, was meine Zuneigung für das Land stetig gestärkt hat.“
Was ist ein Leuchtturmprojekt?
Leuchtturmprojekte zeichnen sich durch besondere Strahlkraft, Reichweite und Relevanz aus und werden von einem Gremium ausgewählt. In der Bewertung erreichen sie mindestens 90 Punkte: für jedes der 11 Kriterien können maximal 10 Punkte erreicht werden.
Der Bürgerfonds unterstützt in 4 Förderkategorien: von kleinen Finanzspritzen bis zu 5.000 €, über größere Beträge von bis zu 10.000 € bzw. 50.000 € bis hin zur Finanzierung von Leuchtturmprojekten mit über 50.000 €. Übernommen werden bis zu 80 % der Kosten für Reise, Aufenthalt, Organisation, Material, Fortbildungen und Honorare.
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